Uwe Sauerwein
Ich war nie wirklich Profi. Angefangen habe ich meine musikalische Laufbahn als Student. Ich trug jiddische Lieder vor, manchmal auch hebräische, und erzählte was dazu. Ich hatte anfangs vor allem Kurzauftritte vor jüdischem Publikum, bei Feiern in Berlin und anderen Gemeinden. Also vor Menschen, die wussten, von was ich singe. Mitte der 1980er Jahre war jiddische Musik dem großen Publikum kein Begriff. Klezmer war wirklich noch ein Fremdwort. Deswegen wusste ich nicht wirklich, was mich erwartete, als ich mich zum Kurzauftritt beim Abend der jungen Talente machte, der obligatorischen Aufnahmeprüfung im Go In.
Einige Zeitungssauschnitte aus der Jüdischen Allgemeinen hatte Joe sich gar nicht anschauen wollen: „Jeder muss hier erstmal mittwochs spielen.“ So kam es dann. Der Kollege, der an dem gemischten Abend direkt vor mir an der Reihe war, sang - jiddische Lieder. Macht nix, jetzt musst Du da durch. Und ich stieß auf große Resonanz. Ronald fragte mich sofort, ob ich mir einen ganzen Abend im Go In vorstellen könnte (Joe blieb, wie ich hinterher erfuhr, skeptisch: „Der muss noch lernen“). Ich sagte zu. Ein paar Leute werden schon kommen, dachte ich.
An dem Abend, es war ein Donnerstag, bekam ich fast einen Schreck, als ich rein kam. Der Laden war rappelvoll. Und dann spielte, sang und erzählte ich. Drei mal 40 Minuten. Das ist nicht nur für den Solisten anstrengend. Auch das Publikum überzeugte mit Ausdauer und Begeisterung. Nach der letzten Zugabe kam Kabarettist Rolf Linnemann auf die Bühne. Er hat mich in den Jahren danach ein wenig unter seine Fittiche genommen, mir gezeigt, wie man Werbung macht und mir Kontakte zu Veranstaltern verschafft.
Dem Go In bin ich bis zum Ende treu geblieben. Mein erster und
einziger Tonträger mit meinem Soloprogramm „Scholem Alejchem“,
ein Kassette zum Verkaufen, wurde hier live aufgenommen. Als ich
später zum Kasbek-Ensemble stieß, mit dem ich heute noch auf-
trete (www.kasbek-ensemble.de), spielten wir natürlich auch im
Go In. Die Kasbeks waren in den Berliner Musikkneipen bereits
lange als russisches Ensemble bekannt, mit mir lag der Schwer-
punkt mehr auf jüdischer Musik. Es gab Auftritte mit dem
Akkordeonisten Alan Bern und Klarinettenspieler Joel Rubin,
allesamt heute weltberühmte Protagonisten der Klezmer-Szene,
ebenso wie Lauren Sklamberg und Frank London, die mal spontan
auf die Bühne kamen, alles Grammy-Preisträger! Aber es war für
mich auch die Bekanntschaft mit vielen Künstlern in dem Laden,
der mich als Musiker, Mensch und später in meinem Hauptbrot-
erwerb als Journalist weitergebracht hat.
1986 live im Go In eingespielt, Cover von Hand verziert und als Verkaufskassette und Demoband bei Alfs legendärem Cassetten Copy Service vervielfältigt.
Uwe Sauerwein - Alan Bern - Christian Müller
KASBEK
Jiddisch-Russisch-Balkan
Berlins älteste und „vielsaitigste“ Folkband
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Frieder Breitkreutz-Hamm: Violine, Gesang
Uwe Sauerwein: Gesang, Gitarre
Andreas Karpen: Balalaika, Domra, Gesang
Reiner Rowald: Kontrabass, Gitarre, Gesang
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